Der normale Wahnsinn

Kürzlich in der Parkgarage, zwischen Tüten und Taschen verstauen, Wägeli zurückstellen, den Jüngsten ständig im Focus, auf dass er und auch sonst nichts zu Schaden kommt, bin ich ziemlich in Eile, weil die Mittlere bereits um elf von der Schule zurück ist, ausnahmsweise, und auch weil das Mittagessen, die Aufgaben, der Zahnarzttermin, die Musikstunde, die Wäsche, das Blinklicht noch am Auto hinten rechts, und, wenn es drin liegt, die Skis vom Service holen, bitte, der Bon liegt auf dem Kästchen neben dem Telefon – und will ich eben das Ausfahrtsticket bezahlen und krame nach Münz und der Jüngste quengelt, er will dann den Batzen einwerfen, Maamiii, ja, klar, – da sehe ich sie beim Automaten nebenan stehen und auch sie blickt gerade auf und wir reagieren zugleich: Die alte Kollegin! Seit zehn Jahren nicht gesehen! Hallo. Hei. Wie war doch ihr Name? Renate, glaub ich. Die Leute stauen sich und ich mache ja vorwärts, und steck die Münze in den Schlitz und der Kleine brüllt los, sorry, hab’s glatt vergessen, nächstes Mal, ganz sicher, komm jetzt. Doch dann zögere ich kurz und geh› doch noch mit dem bezahlten Ticket in der Hand und dem schreienden Sprössling am Arm die zwei Schritte und sag: Du siehst, jetzt reicht es für nichts und es nimmt mich doch wunder, wie es euch geht und alles. Und sie sagt sie mit feinem Lächeln: Ja, ja, es läuft gut. Einfach wie bei Dir – der ganz normale Wahnsinn!

Renate, hab Dank! Weiss ich doch jetzt endlich, was ich, ich täglich tue: Ich halte dem ganz normalen Wahnsinn stand.

(20.05.2006)

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